PM 04/2014

Kneipensterben in Thüringen – Wettbewerbsverzerrung auch durch Dorfgemeinschaftshäuser

Erfurt, 3. Februar 2014 / Der Thüringer Rechnungshof kritisiert, in seinem in der letzten Woche vorgelegten Bericht, den  Betrieb und die Nutzung kommunaler Dorfgemeinschaftshäuser.  Es wurde der Betrieb von 61 Dorfgemeinschaftshäusern unter dem Gesichtspunkt des Kosten-Nutzenverhältnisses geprüft. Dabei stellten die Prüfer fest, dass Dorfgemeinschaftshäuser im Betrieb defizitär sind.

Die Präsidentin des DEHOGA Thüringen, Gudrun Münnich, führt dazu aus:

 „Eine nicht unerhebliche Anzahl von Gemeinden in Thüringen hat keine Gastronomie mehr, damit stirbt leider ein Stück Tradition. Dies hat sicherlich viele Ursachen, aber eine, die nicht zu unterschätzen ist, ist die teilweise ausufernde Wettbewerbsverzerrung. Da gibt es Vereinshäuser, Feuerwehrhäuser und eben Dorfgemeinschaftshäuser, die teilweise vollständig mit öffentlichen Mitteln errichtet und im Anschluss auch noch im Betrieb erheblich subventioniert werden. Damit wird dem örtlichen Gastronomen,  der Steuern und Sozialabgaben zahlt, häufig auch noch Pächter bei der Gemeinde ist,  nicht nur unlauter Konkurrenz gemacht, sondern auch erheblich in den Wettbewerb eingegriffen.“

Im Bericht des  Thüringer Rechnungshofes wird ausgeführt:

„Dem hohen finanziellen Aufwand steht nur eine geringe Auslastung gegenüber. So decken beispielsweise die Einnahmen nur 15 % der Aufwendungen für den Unterhalt und den Betrieb der Einrichtung. Auch findet kaum interkommunale Zusammenarbeit bzw. eine gemeindeübergreifende Nutzung der Dorfgemeinschaftshäuser statt. Den Trägern von Dorfgemeinschaftshäusern wird empfohlen, Kosten transparent abzubilden und zur stärkeren Auslastung gemeindeübergreifende Kooperationen zu initiieren.“

„Wenn schon der Betrieb der Dorfgemeinschaftshäuser defizitär ist  stellt sich mir die Frage, wie die Investition finanziert wurde und die Zinsen dafür  gezahlt werden. Natürlich ist da die Frage wohl mehr als berechtigt, was der Betrieb von Dorfgemeinschaftshäusern mit Daseinsvorsorge einer Kommune  zu tun hat.  Für einen Unternehmer bedeutet ein solches betriebswirtschaftliches Vorgehen den  sicheren Untergang.“  So Münnich weiter.

Dirk Ellinger, Hauptgeschäftsführer des DEHOGA Thüringen,  führt zum Bericht des Rechnungshofes aus:

„Jetzt  erfahren  wir mit Erschrecken, das offensichtlich in den Dorfgemeinschaftshäusern durchschnittlich nur 15 % der Kosten gedeckt werden.  Der örtliche  Gastwirt muss aber, wie alle Unternehmer,   100 % seiner Kosten decken und noch vom Ergebnis, selbst leben,  seine Schulden abtragen und auch eine Altersvorsorge aufbauen.

Die Gastronomie in den betreffenden Gemeinden hat dann leider oft das Nachsehen durch diese Art der Wettbewerbsverzerrungen, finden doch gerade größere Veranstaltungen dann im Dorfgemeinschaftshaus und nicht in der örtlichen Gastronomie statt, weil es dort erheblich billiger scheint – jetzt wissen wir  das dem gesamtgesellschaftlich aber gerade nicht so ist, weil die Allgemeinheit dies mit bis zu 85 % subventioniert.“

Der DEHOGA Thüringen appelliert an die Verantwortlichen in den Selbstverwaltungs-gremien der Städte und Gemeinden,  diese Signale ernst zu nehmen und zu handeln.

Hintergrund:

Einen dramatischen Verlauf des Kneipensterbens zeigen die Zahlen der Umsatzsteuer-statistik des Thüringer Landesamtes für Statistik (TLS) – welche im Jahr 2013 veröffentlicht wurden. So hat sich nach Angaben des TLS die Zahl der umsatzsteuerpflichtigen Schankwirtschaften von 1.069 im Jahr 2006 auf 777 im Jahr 2011 reduziert.

3. Februar 2014