PM 24/2015

Thüringer Gastgewerbe steht weiterhin vor Herausforderungen

Erfurt, 21.09.2015 / Anlässlich der heutigen Delegiertenversammlung des DEHOGA Thüringen analysierte Präsidentin Gudrun Münnich die aktuelle Lage des Thüringer Gastgewerbes.

 

Dazu führte sie aus:

 

„Unser Gewerbe steht aktuell vor vielen Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Da sind die immer weiter ausartenden bürokratischen Vorschriften, die unsere Unternehmer immer mehr an den Schreibtisch zwingen und damit aus dem operativen Arbeiten am Gast. Hier in Thüringen ist unsere Branche kleinteilig geprägt. Wir können kaum Mitarbeiter für die zu bewältigende Bürokratie einsetzen. Zum einen, weil wir Mitarbeiter kaum noch finden bzw. genügend haben und zum anderen eben dafür nicht bezahlen können. Ich kann nur zum wiederholten Mal an die Politik appellieren, im Vorschriftenwahn auf die kleinen Familienbetriebe mit zwei, drei Mitarbeitern zu sehen und sich dann objektiv die Frage zu stellen, wie manche Vorschriften denn umgesetzt werden sollen. Ich denke da aktuell an alle Aufzeichnungen um den Mindestlohn und der Arbeitszeiterfassung aber auch alle Listen bezüglich Kennzeichnung und Hygiene, Belehrung der Mitarbeiter über Arbeits- und Datenschutz usw.“

 

Hauptgeschäftsführer, Dirk Ellinger, untersetzte dies konkret mit Zahlen:

 

„Auch wenn nach der aktuellen Umsatzentwicklung im ersten Halbjahr 2015 die Unternehmen im Thüringer Gastgewerbe real (preisbereinigt) 2,7 Prozent mehr umgesetzt haben als in den ersten sechs Monaten des Vorjahres, so ist dies zwar positiv, reicht aber bei weitem nicht aus, um die steigenden Kosten und Mehrbelastungen auszugleichen.

Hier muss auch die Berücksichtigung finden, dass die Zahl der Unternehmen in unserer Branche weiterhin rückläufig ist.“

 

Im März 2015 waren nach Angaben des Thüringer Landesamtes für Statistik noch 1.218 Beherbergungsbetriebe geöffnet. Im Vergleich zu 2008 mit 1.323 Betrieben hat sich die Zahl damit um 105 Betriebe verringert.

 

 

Im Gaststättengewerbe waren es im Zeitraum von 2008 (5.496 Betriebe) zu 2013 (3.877 Betriebe) 1.619 Betriebe die geschlossen wurden. Dies entspricht 29,5 Prozent.

Diese Entwicklung zeigt sich eben besonders in strukturschwachen Gegenden, die zumeist ganz plakativ als ländlicher Raum bezeichnet werden. Hier geht nicht nur Attraktivität für den Tourismus sondern Wirtschaftskraft und Lebensqualität verloren.

 

Nach der aktuell vorliegenden Umsatzsteuerstatistik aus dem Jahr 2013 steht das Gastgewerbe in Thüringen mit einem Umsatz pro Unternehmen in Höhe von 182.418 € an letzter Stelle in Deutschland.

 

Noch dramatischer sieht es im Gaststättengewerbe aus. Da steht Thüringen mit 164.090 € Umsatz pro Unternehmen ebenso auf dem letzten Platz.

 

Der Durchschnittsumsatz im deutschen Gastgewerbe betrug demnach 320.861 €, damit liegt das Thüringer Gastgewerbe fast 140.000 € unter dem deutschen Durchschnitt.

 

„Bei einer umsatzbezogenen Rentabilität von 4 bis 10 Prozent sind dies zwischen 7.000 € bis 18.000 €. Davon muss der Inhaber und vielleicht seine Familie leben, seine Altersvorsorge und Krankenversicherung bezahlen und auch seine Kredite bedienen.“, so Ellinger weiter.

 

Die Delegierten des Thüringer Gastgewerbes sprachen sich einhellig dafür aus, gegen die immer weiter ausufernde Bürokratie massiv die Stimme zu erheben. Es herrscht wenig Verständnis für das jüngst beschlossene Thüringer Bildungsfreistellungsgesetz, was dem Gastgewerbe wieder neue Bürokratie bringen wird.

 

Auch werden die „Erleichterungen“ bei den Dokumentationspflichten des Mindestlohnes zwar als Schritt in die richtige Richtung, aber keineswegs als ausreichend angesehen. Wenig Verständnis können die Delegierten für die immer wieder negativen Äußerungen der Gewerkschaft NGG aufbringen.

 

Dazu führte die Präsidentin aus:

 

„Wenn die NGG als unser Sozialpartner die Branche nur schlecht redet und immer wieder Einzelfälle verallgemeinert, um über unzumutbare Arbeits- und Ausbildungsbedingungen zu berichten und noch mehr Kontrollen der Aufsichtsbehörden und des Zolls fordert, so müssen wir uns doch ernsthaft fragen, welche Strategie sie damit verfolgt.

Die Vielzahl der Unternehmer und der Mitarbeiter arbeiten in fairer Partnerschaft zusammen, aber positive Beispiele existieren vielleicht in der Welt der Gewerkschaft nicht oder stören nur die Kampagnen.“

 

Einstimmig sprachen sich die Delegierten für die Integration von ausländischen Mitarbeitern aus und sehen die Flüchtlinge als Chance.

 

Dazu führte Dirk Ellinger aus:

 

„Das Gastgewerbe ist weltoffen für Gäste und Mitarbeiter. In unseren Betrieben in Thüringen arbeiten weit mehr als 30 Nationalitäten. Allein in unserem Kompetenzzentrum geben wir den theoretischen und handlungsorientierten Unterricht im Rahmen der Berufsausbildung in einer Klasse mit spanischen Auszubildenden und in zwei Klassen mit vietnamesischen Jugendliche. Deshalb unterstützen wir Programme, die auch für die Branche in Thüringen zukünftige Fachkräfte sichern. Denn wir sehen die Flüchtlinge als Chance - nicht nur für unsere Branche, sondern für Deutschland.“