NJ-Interview2016

Neujahrsinterview mit Präsidentin Gudrun Münnich

Frau Münnich, das Jahr 2015 brachte für das Gastgewerbe in Thüringen viele Herausforderungen, eine davon war der Mindestlohn – wie ist Ihr Resümee?

In der Tat hatten wir, bezüglich des Mindestlohnes, welcher zum 01.01.2015 in Kraft getreten ist, große Befürchtungen, dass es unserem Gewerbe im Ergebnis schlechter geht und die Umsätze weiter sinken. Da nicht alles über den Preis an die Gäste weitergegeben werden konnte, aber die Gewinne in unserer Branche sehr niedrig sind und kaum ausreichen die Existenzen zu sichern, geschweige denn zu investieren. Aufgrund der sehr guten Konjunktur in Deutschland und der damit einhergehenden Nachfrage, sind diese Befürchtungen so nicht eingetreten. Ich warne aber davor in Euphorie zu verfallen und schon jetzt zu sagen, dass sich der Mindestlohn bewährt hätte und gleichsam eine utopische Erhöhung zu fordern. Dann nämlich wenn die Konjunktur schwächelt, werden wir die wahren Auswirkungen sehen. Weiterhin sind mit dem Mindestlohn Probleme auf uns zugekommen, die wir eben nicht kurzfristig oder ohne die dringend notwendige Einsicht bei der Politik lösen können.

Da ist beispielsweise die Verhältnismäßigkeit der Löhne zwischen den ungelernten Mitarbeitern, nämlich der Mindestlohn und den Facharbeitern, wo ein weiterer angemessener Abstand leider eben nicht finanzierbar ist. Ausbildung muss sich für junge Menschen in unserem Land lohnen, deshalb haben wir auch die Ausbildungsvergütungen weiter angehoben. Aber auch dies muss finanzierbar sein und geht eben nicht von heute auf morgen.

Unsere politische Forderung bleibt weiter bestehen, und zwar dass das Arbeitszeitgesetz der Lebenswirklichkeit angepasst werden muss und somit die Flexibilität, die wir brauchen, gesichert wird.

Was meinen Sie mit mehr Flexibilität bezüglich der Arbeitszeit?

Im Arbeitszeitgesetz, aus dem Jahr 1994 ist die Grenze auf 10 Stunden pro Tag festgeschrieben. Es kommt aber im wirklichen Leben, in unserem Gewerbe vor, dass gerade an Wochenenden oder wie gerade Weihnachten und Silvester, also an Feiertagen, eine sehr hohe Nachfrage ist, bzw. Feiern länger gehen, als geplant. Als Dienstleister wissen wir dies und erbringen gern unsere Leistung. Aber die Politik muss uns  dies auch realisieren lassen, weil ich eben nicht, wenn die 10 Stunden meiner Mitarbeiter vorbei sind, Aushilfen oder andere Mitarbeiter, die nachts für 3 Stunden zur Arbeit kommen, finde. Meine Mitarbeiter würden ja gern weiter arbeiten. Es geht uns dabei nicht, wie die Gewerkschaften gern behaupten, um die Verlängerung der Arbeitszeit insgesamt. Im Übrigen normiert die Europäische Arbeitszeitrichtlinie maximal 48 Stunden pro Woche.

Immer wieder wird über Wirtschaft 4.0 berichtet. Politiker fordern insbesondere von den Unternehmern sich den aktuellen Herausforderungen zu stellen. Genau dies fordern wir von der Politik eben auch. In einer dynamischen Gesellschaft braucht es auch dynamische Regelungen.

Stichwort Kennzeichnung der Allergenen Stoffe, auch dies war in 2015 eine Herausforderung für die Branche.

Das ist ein Thema, wo wir uns die Frage stellen dürfen, wem es wirklich nützt. In der Vergangenheit, also vor der gesetzlichen Regelung, die ja zugegebenermaßen von der EU kommt, haben wir auch schon Gäste gehabt, die Allergien hatten und wir haben mit ihnen gesprochen und entsprechende Angebote unterbreitet. Und es hat funktioniert. Jetzt haben wir eine bürokratische Regelung, die uns vor allem sehr viel Arbeit gebracht hat und weiterhin bringt. Natürlich nützt es nichts, es ist geltendes Recht und es muss umgesetzt werden.

Dazu haben wir eine Vielzahl von Seminaren in unserem KOMPETENZZENTRUM angeboten und weit über 1.000 Teilnehmer begrüßen können. Wir haben umfassend zum Thema informiert und über unser Internetportal sind die Vordrucke sowie alle wichtigen Informationen erhältlich. Ich kann nur alle meine Kollegen, die dies noch nicht realisiert haben, eingedenk der in Kürze zu erwartenden Bußgeldtatbestände, auffordern, die Angebote ihres DEHOGA Thüringen zu nutzen, denn wir sind da sehr gut aufgestellt.

Apropos gut aufgestellt. Was bietet der DEHOGA Thüringen und warum sollte ein Unternehmer Mitglied werden?

Grundsätzlich gilt unser Motto „Gemeinsam sind wir stark“. Der DEHOGA Thüringen ist ein moderner Unternehmerverband und erbringt für die Branche insgesamt Dienstleistungen, die für alle Unternehmen von Nutzen sind.

Da denke ich an unsere großen Erfolge beispielsweise bei der Steuersenkung für die Übernachtungen, natürlich müssen wir weiter am Ball bleiben, damit auch das Essen im Restaurant dem ermäßigten Steuersatz unterfällt, weil logisch lässt sich nicht erklären, dass Lebensmittel ermäßigt, aber das Essen im Restaurant zum vollen Steuersatz besteuert wird.

Beim Urheberrecht,  ob GEMA, VG Media oder allen anderen Gesellschaften, haben wir unserer gesamten Branche, ob durch Verhandlungen oder Gerichtsprozesse, Millionen Belastungen ersparen können. 

Das können wir auf Bundesebene durch einen starken DEHOGA Bundesverband und auf Landesebene durch einen starken Landesverband. Stark heißt dabei vor allem, einen noch höheren Organisationsgrad und da wünsche ich mir noch mehr Mitglieder.

Natürlich fragen Unternehmer danach, was sie direkt oder unmittelbar als Vorteil haben, wenn sie Mitglied in unserem Verband sind. Das ist völlig in Ordnung und passt zu unserem Selbstverständnis als Dienstleister für die Mitgliedsunternehmen.

Wir sind der Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Gastgewerbe. Wir wollen unsere Mitgliedsunternehmen beraten, informieren, weiterbilden und natürlich auch vertreten bei Behörden oder vor Gericht. Und ich bin dabei überzeugt, dass wir dies durch unsere Mitarbeiter auf einem sehr hohen Niveau leisten.

Aber auch durch das Angebot einer umfangreichen Palette von Rahmenverträgen können wir direkte geldwerte Vorteile für unsere Mitglieder generieren. Bei den Rahmenverträgen erhalten wir durch gebündelten Einkauf und Bezug bessere Konditionen für unsere Mitglieder. Das wird auf Bundes- und Landesebene, je nach Anforderungen, realisiert. Allein schon damit rechnet sich der Mitgliedsbeitrag.

Im letzten Jahr hat der DEHOGA Thüringen die Veranstaltungen unter dem Motto „wissensWert“ weitergeführt – wie sind sie damit zufrieden?

Dieses Veranstaltungsformat haben wir seinerzeit im Rahmen des Beraternetzwerkes entwickelt. Insofern war das eingesetzte, auch öffentliche Geld, sehr gut und vor allem nachhaltig, angelegt. Das Beraternetzwerk des DEHOGA Thüringen funktioniert und wir können umfassende Beratungsleistungen für die Branche anbieten. Wenn wir Beratung nicht durch eigene Mitarbeiter realisieren können, dann haben wir unsere Partner und diese Zusammenarbeit funktioniert sehr gut, deshalb möchte ich auch an dieser Stelle einmal Danke an unsere Partner sagen.

Die wissensWert – Veranstaltungen wurden entwickelt, um an einem Nachmittag zu jeweils aktuellen Themen zu informieren, Lösungen anzubieten und den Teilnehmern natürlich die Möglichkeit zu geben alle ihre Fragen zum Thema zu stellen.

Wir laden uns dazu gern Fachleute ein, die aus erster Hand entsprechende Informationen geben.

Beispielsweise waren die beiden Veranstaltungen im Jahr 2015 mit dem Zoll vollständig ausgebucht.

Ferner haben wir eine Reihe von Veranstaltungen zum Thema Mindestlohn realisieren und dabei auch insgesamt über 1.000 Kollegen begrüßen können.

Mit  unserem Partner ETL ADHOGA haben wir gemeinsam Veranstaltungen zum Thema „Sichere Kasse 2017“ durchgeführt. Gerade zu diesem wichtigen Thema werden wir in diesem Jahr weitere Veranstaltungen realisieren.

Also insgesamt kann ich zu unseren Veranstaltungen sagen, dass wir sehr zufrieden sind, mit der Teilnehmerzahl, der Qualität und der Organisation.

Was bietet aktuelle das DEHOGA Thüringen KOMPETENZZENTRUM für die Branche an?

Wir betreiben weiterhin die Hotelfachschule, die Berufsschulen Gastgewerbe, Soziales und Erzieher sowie die Vorbereitung auf die Externen Prüfung für Erzieher.

Der DEHOGA Thüringen ist einer der wenigen Unternehmerverbände welcher eine  Privatschule betreibt. Natürlich stehen wir auch da weiterhin vor Herausforderungen die es zu meistern gilt. Ich denke da auch an die Finanzierung.

Wir müssen es schaffen für unsere Branche die Landesberufsschule zu werden. Die Voraussetzungen dafür haben wir geschaffen und sehr viel investiert. In der Berufsschule wurde der Blockunterricht eingeführt und die Ergänzungslehrgänge in die Schulzeit gelegt.  Es war die richtige Entscheidung das Wohnheim zu bauen, dessen Fertigstellung wir nach nur 10-monatiger Bauzeit Ende August 2015 feiern konnten. Wir verfügen über ein erfahrenes Lehrerkollegium und haben im letzten Jahr einen Schulbeirat aus Unternehmern und Lehrern gegründet, der auch als Ansprechpartner fungieren soll.  Insofern  verfügen wir über beste Voraussetzungen.

Im letzten Jahr haben wir über einhundert vietnamesische Jugendliche in unsere Schule aufgenommen und in die Betriebe in eine duale Ausbildung vermittelt. Natürlich ist dies eine Herausforderung für alle Beteiligten. Aber vor dem demographischen Hintergrund und den aktuellen Zahlen der Schulabgänger  müssen wir neue Wege beschreiten.  Ich bin begeistert, dass wir allein fast 140  Schüler aus acht Nationen in unserer Berufsschule haben. Das Gastgewerbe steht für Weltoffenheit bei Gästen und Mitarbeitern, da sehe ich keinen Platz für Fremdenfeindlichkeit!

Wir bieten in unserem KOMPETENZZENTRUM Aufstiegsfortbildungen, in Kooperation mit der IHK Erfurt, den Küchenmeister, den Diätkoch und aktuell wieder und einmalig in Deutschland, den vegetarischen Koch an.

Bei den Tagesseminaren haben wir ein neues Programm für das laufende Jahr. Ich kann nur alle Kollegen ermuntern, diese Angebote umfassend zu nutzen. Die Auswertungen der Seminarteilnehmer im letzten Jahr zeigen, dass wir inhaltlich und qualitativ sehr gut bewertet werden.

Worin sehen Sie die Herausforderungen für das Jahr 2016?

Wir werden weiter für unsere Mitglieder am Ball bleiben, vor allen bei allen aktuellen Themen, unsere Dienstleistungen weiter ausbauen und neu Rahmenvertragspartner gewinnen.

Informationsveranstaltungen zu den aktuellen Themen sind schon geplant. Insbesondere werden wir uns dem Thema „Sichere Kassen 2017“ widmen. Mehr dazu haben wir bereits auf unserem Internetportal eingestellt.

Gemeinsam mit unserer Berufsgenossenschaft werden  wir eine Veranstaltung und Projekte in der Berufsschule zum Thema  Gewaltprävention realisieren.

Dann haben wir im Herbst die INOGA/IKA. Dies wird ein spannendes Branchenevent  in Thüringen sein und wir werden wieder die Köche der Welt begrüßen können.

Also ich denke es wird ein spannendes Jahr 2016 werden.