PM 17/2016

Gastgewerbe in Thüringen Risiken und Chancen

Erfurt, 7. September 2016 / In der heutigen Präsidiumssitzung des DEHOGA Thüringen wurde die erste Zwischenpräsentation zur Landestourismuskonzeption und der Maßnahmepaket des Wirtschaftsministeriums umfassend erörtert.

Das Fazit ist, dass das Thüringer Gastgewerbe aktuell vor sehr großen Herausforderungen steht. Die nüchternen Fakten zeigen dies eindringlich.

So liegt die aktuelle Zahl der Betriebe mit 5.147 (1.176 Beherbergungsbetriebe und 3.971 Betriebe in der Gastronomie) weit unter dem Bestand der vergangenen Jahre. Im Jahr 2008 gab es noch 6.819 Betriebe (1.323 Beherbergungsbetriebe und 5.496 Betriebe in der Gastronomie). Damit hat Thüringen bis ins Jahr 2014 mehr als jeden vierten Betrieb der Gastronomie, also 27,8 Prozent und mit 11,1 Prozent der Betriebe im Beherbergungsgewerbe, jeden zehnten Betrieb verloren.

Nur zwei Betriebe in Thüringen liegen mit einem Umsatz von knapp 10 Mio. unter den 200 umsatzstärksten Betrieben im deutschen Gastgewerbe.

Herausforderungen für das Thüringer Gastgewerbe liegen auf der Hand. Die Kleinteiligkeit kommt vor allem im niedrigen durchschnittlichen Umsatz pro Betrieb zum Ausdruck.

Ebenso kann der Umsatz pro Betriebsstätte, im Durchschnitt jedenfalls, nicht im Ansatz zufriedenstellen. Im Jahr 2014 erzielten die Unternehmen insgesamt einen Umsatz von 1,005 Mrd Euro. Pro Betriebsstätte sind dies 195.000 Euro. Im Bundesdurchschnitt bedeutet das den letzten Platz. Ebenso belegen die beiden Segmente Beherbergung, wo die Betriebe einen Durchschnittsumsatz in Höhe von 268.000 Euro und die Betriebe der Gastronomie mit einem Durchschnittsumsatz in Höhe von 174.000 Euro im Bundesdurchschnitt den letzten Rang.

Werden die regionalen Umsätze verglichen, so ergibt sich ein sehr unterschiedliches Bild, da die höheren Umsätze in den Städten erzielt werden und die sehr geringen Umsätze in den ländlichen Regionen.

Dies hat in der Vergangenheit eben zum Sterben der Betriebe geführt, da ein geringer Umsatz eben eine sehr geringe Ertragskraft nach sich zieht.

Die Präsidentin des DEHOGA Thüringen, Gudrun Münnich, selbst Betreiberin eines Landgasthofes mit Hotel, führt dazu aus:

„ Mit sehr großem Interesse habe ich den Ausführungen unseres Wirtschaftsministers Tiefensee auf dem Tourismustag zugehört. Auch die ersten Ergebnisse aus der Befragung der neuen Landestourismuskonzeption zeigen ein nicht gutes, aber eben doch leider realistisches Bild. Wir brauchen mehr Kooperation und vor allem weniger Bürokratie auf allen Ebenen, dies ist meine erste Erkenntnis und Forderung. Wenn der Deutschlandtourismus seit Jahren boomt, wir aber leider in Thüringen stagnieren, dann müssen wir gerade bei der Vermarktung um Längen besser werden. Wir brauchen natürlich für unsere Betriebe die Bewohner des Freistaates als Gäste, aber genauso und noch mehr brauchen wir Touristen, die bereit sind, für gute Qualität, an der wir auf allen Ebenen arbeiten, auch einen guten Preis zu zahlen.“

Der Vizepräsident des DEHOGA Thüringen, Peter Henzel, führte dazu aus:

„Ich fand unser Ziel im Rahmen der Tourismuskonzeption 2015, 10 Mio. Übernachtungen bis 2010 zu erreichen anspruchsvoll, aber nicht unerreichbar. Leider haben wir es bis heute nicht erreicht. Wir müssen da schon, und das geschieht gerade, Ursachen suchen und sehr kritisch analysieren. Aus meiner Sicht haben wir uns nicht optimal aufgestellt und eben nicht gut genug vermarktet. Ich finde es jedoch nicht richtig keine Ziele mit harten Fakten zu setzen, an denen sich alle Verantwortlichen messen lassen müssen. Schließlich muss ich als Unternehmer in der betrieblichen und wirtschaftlichen Wirklichkeit auch liefern und trage eine sehr große Verantwortung.“

„Die Kleinteiligkeit unserer Thüringer Betriebe führt bei der immer weiter ausufernden Bürokratie, welche dann auf den Tisch der Unternehmer liegt und diese häufig und mit viel Zeit daran fesselt, dazu, dass sie eben ihre Kernaufgabe, nämlich da zu sein für ihre Gäste, nur eingeschränkt ausüben können. Die Unternehmer in Thüringen haben keine Stabsabteilungen, die alles abarbeiten, sondern müssen dies selbst, neben ihren Tagesgeschäft leisten. Ein bisschen ist dies wie bei Gulliver im Zwergenland, der letztendlich nur mit Zwirnsfäden gefesselt war, aber die Summe derer ausreichte, dass er als Riese sich nicht bewegen konnte.“, verdeutlicht Dirk Ellinger, Hauptgeschäftsführer des DEHOGA Thüringen, die aktuelle Situation.

„Das Maßnahmepaket Gastgewerbe des Wirtschaftsministeriums sehen wir als ersten Schritt und politisches Bekenntnis zu unserer Branche, als Hauptleistungsträger im Tourismus. Wir werden dies zeitnah entsprechend mit konkreten Maßnahmen für unsere Branche untersetzen und wollen es dann gemeinsam auf den Weg bringen. Erste Aktionen, wie der Betriebsvergleich Thüringer Gastgewerbe und ein Projekt Ausbildungskoordination Gastgewerbe sind auf dem Weg gebracht und müssen umgesetzt werden.“,  so Münnich weiter.