NJ-Interview2017

Neujahrsinterview mit Präsidentin Gudrun Münnich

Frau Münnich, wie in jedem Jahr die Frage, wie bewerten Sie das vergangene Jahr 2016.

Das Jahr 2016 war für unsere Branche in Thüringen insgesamt ein gutes Jahr, auch wenn es noch sehr viele Baustellen gibt, an denen zu arbeiten ist. Dies zeigen insgesamt die beiden Konjunkturumfragen die wir gemacht haben. Es gibt eine Vielzahl von Herausforderungen, die es zu bewältigen gibt. Da steht ganz oben auf der Liste die Bürokratie, die vor allem die kleinen Unternehmen trifft, welche im Freistaat die Mehrheit in unserer Branche sind, belastet. Ein weiterer Punkt ist die Unternehmensnachfolge und die Fachkräftesituation. Aber auch nach wie vor die starren Regelungen des Arbeitszeitgesetzes nicht hinnehmbar sind.

Wo liegt in Punkte Arbeitszeitgesetz das größte Problem?

Das Gastgewerbe ist eine attraktive Branche, natürlich wird dort immer dann gearbeitet, wenn andere frei haben. Dies sind eben Wochenenden, Feiertage und Abendstunden. Aber dafür gibt es auch entsprechende Freizeit. Dienstleistung mit Leidenschaft erbringen, kann sehr viel Spaß machen. Der Umgang mit Menschen und ihnen ihre Wünsche zu erfüllen ist Berufung.

Unsere politische Forderung ist und bleibt, dass das Arbeitszeitgesetz der Lebenswirklichkeit angepasst werden muss und somit die Flexibilität, die wir als Dienstleister brauchen, gesichert wird.  Im Arbeitszeitgesetz, aus dem Jahr 1994 ist die Grenze auf 10 Stunden pro Tag festgeschrieben. Es kommt aber im wirklichen Leben, in unserem Gewerbe vor, dass gerade an Wochenenden oder wie gerade Weihnachten und Silvester, also an Feiertagen, eine sehr hohe Nachfrage ist, bzw. Feiern länger gehen, als geplant. Als Dienstleister wissen wir dies und erbringen gern unsere Leistung. Aber die Politik muss uns  dies auch realisieren lassen, weil ich eben nicht, wenn die 10 Stunden meiner Mitarbeiter vorbei sind, Aushilfen oder andere Mitarbeiter, die nachts für 3 Stunden zur Arbeit kommen, finde. Meine Mitarbeiter würden ja gern weiter arbeiten, weil sie auch die Zeit gutgeschrieben bekommen.

Leider ist eben gerade dieses Thema immer wieder Gegenstand vor allem sachfremder Auseinandersetzungen, die uns nicht weiter bringen.

Im September, in der Landtagsdebatte zum Thema „Thüringer Gaststättengewerbe zukunftsfähig gestalten“ war dies wieder so ein Beispiel. So führte MdL Hausold von der Fraktion DIE LINKE aus:

„Diese leidige Debatte – ich muss das so sagen, das wird zum Teil allerdings auch vom DEHOGA-Verband immer wieder aufgebracht – über die Arbeitszeiten halten wir für in die falsche Richtung geführt. Natürlich wollen wir auch sichern, dass die 12- oder 13-stündige Hochzeitsfeier stattfinden kann oder andere Feierlichkeiten, die sich länger ausdehnen. …

Wir brauchen insgesamt eine Lösung, die es zum Beispiel auch über Mehrbeschäftigung am Ende ermöglicht, dass diese Feierzeiten mit unterschiedlichem Personal abgesichert werden können.“

Dann soll mir Herr Hausold die intelligenten Lösungen mit  Mehrbeschäftigten und unterschiedlichen Personal aufzeigen. Wir haben kein Personal, was wegen 2 bis 3 Stunden am Feiertag, am Abend oder in der Nacht bei uns die zweite Schicht abdeckt.  Im Übrigen dürfen eben auch Aushilfen, die zuvor schon 8 Stunden gearbeitet haben, nur noch zwei Stunden einer weiteren Beschäftigung nachgehen.

Leider zeigt das eben wieder einmal mehr, dass Debatten nicht offen und lösungsorientiert geführt werden, sondern eher lebensfremd. Da sind aus meiner Sicht die Gutmenschen, die allein meinen zu wissen was für unsere Mitarbeiter, die nämlich schon in der Arbeitswelt 4.0 sind, gut ist. Die meinen dann sie müssten die Mitarbeiter vor sich selbst schützen und dass kann doch gar nicht sein. Gott sei Dank haben wir in unseren Betrieben Mitarbeiter, die Dienstleistung leben, kundenorientiert sind und selber wissen was gut für sie ist.

Es geht uns dabei nicht, wie von Politik und Gewerkschaften gern behaupten, um die Verlängerung der Arbeitszeit insgesamt, sondern eine Regelung wie sie in allen anderen Ländern der europäischen Union gilt. Im Übrigen normiert eben die Europäische Arbeitszeitrichtlinie maximal 48 Stunden pro Woche.

Welches Ziel verfolgen sie mit dem Wettbewerb „Gastgeber des Jahrs“?

Gastfreundschaft und gute Küche ist ein Ausdruck von Lebensqualität. Dafür brauchen aber die Mitarbeiter und Unternehmer im Gastgewerbe auch die gesellschaftliche Anerkennung und die entsprechende Wertschätzung.

Wir konnten unseren Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee sehr leicht überzeugen unser Projekt Gastgeber des Jahres zu unterstützen, weil ihm die Wertschätzung für das Gastgewerbe sehr am Herzen liegt. Das Ziel dieses Wettbewerbes ist es, jährlich einen Thüringer Hotelier und einen Thüringer Gastronom sowie die Innovation des Jahres im Gastgewerbe auszuzeichnen, um damit eine entsprechende Wertschätzung zu erreichen und in der Öffentlichkeit auch Unternehmerpersönlichkeiten, die sich um die Branche verdient gemacht haben, entsprechend zu würdigen.

Geehrt werden sollen Unternehmerpersönlichkeiten, die selbständig bzw. als beherrschende Gesellschafter eines Unternehmens das wirtschaftliche Risiko ihres Unternehmens tragen. Die Unternehmerpersönlichkeiten müssen im Thüringer Tourismus tätig sein.

Was war die Motivation zum Abschluss des Sozialpartnertarifvertrags?

Bildung ist auch im Gastgewerbe ein zentrales Thema. Weiterbildung und da bin ich mir sehr sicher, ist auch ein Programm zur Mitarbeiterbindung. Natürlich ist die Realisierung immer mit Herausforderungen verbunden. Da ist zum einen, damit sich Weiterbildung auch bezahlen lässt, eine bestimmte Gruppengröße, dann kommt als nächstes das Thema Ort und Zeit. Bei einer kleinteilig geprägten Branche wie der unseren im Freistaat, ist dies, um es sehr freundlich auszudrücken, nicht gerade einfach. Unser KOMPETENZZENTRUM bietet sehr viele Weiterbildungen an, die auch angenommen werden, aber wir können dies eben nur in Erfurt, also zentral realisieren.

Also war für uns im Jahr 2015 das Thema eins Sozialpartnertarifvertrages in den Tarifverhandlungen an oberster Stelle. Dazu konnten wir uns auch mit der NGG verständigen und haben nunmehr dazu auch einen gemeinsamen Beirat, der die Arbeit koordiniert.

Wir haben den Zuschlag vom Bund erhalten und bekommen das Projekt anteilig finanziert, die Initiative „Weiterbilden“ im Thüringer Gastgewerbe zu realisieren. 

Dazu haben wir zwei neue Mitarbeiter einstellen können und werden Weiterbildung in den wichtigen Themen für unsere Branche, vor allem dezentral in den Regionen, realisieren. 

Ich rufe alle Kollegen dazu auf, für ihre Mitarbeiter diese Angebote umfassend zu nutzen, denn der Erfolg eines solchen Projektes hängt von uns allen ab.

Apropos Sozialpartner, wie ist der stand bei den Tarifverhandlungen?

Die NGG hat den Entgelttarifvertrag zum 31.12.2106 gekündigt und wir haben einen ersten Verhandlungstermin. Die Forderungen der NGG sind von unseren Unternehmen nicht zu schultern, aber dazu wird ja verhandelt.

Es ist aber eben nicht so einfach, wie die NGG es immer kolportiert – es muss nur mehr Entgelt gezahlt werden, dann ist alles gut. Wir sind Wirtschaftsunternehmen, die das Geld eben am Markt über den Preis von ihrer Kunden realisieren müssen und wenn die Umsatzentwicklung ebenso ist wie sie aktuell ist, dann muss ein Abschluss so sein, das er auch von den Unternehmern getragen und schließlich umgesetzt werden kann, weil wir zu Tarifverträgen stehen und nicht einer Tarifflicht das Wort reden wollen.

Der DEHOGA Thüringen realisiert  Veranstaltungen unter dem Motto „wissensWert“  – wie sind sie damit zufrieden?

Insbesondere haben wir in 2016  das Thema „Sichere Kassen 2017“ in einer Reihe von Veranstaltungen zum Gegenstand gehabt. Dies wird sicherlich auch im Jahr 2017 so sein.

Aber auch das Thema Umsatzsteuer im Hotel, insbesondere vor dem Hintergrund des Parkplatzurteils des BFH, haben wir im vergangenen Jahr realisiert und aufgrund der aktuellen Nachfrage bieten wir auch diese Veranstaltung wieder in 2017 an.

Informationsveranstaltungen zu aktuellen Themen, wie Buchführungs- und Aufzeichnungsvorschrift sind ebenso schon geplant.

Insgesamt, und da bin ich sehr froh und stolz, haben wir mit diesen Veranstaltungen sehr viel Kollegen erreichen können und sie werden angenommen und bekommen durchweg ein absolut positives Feedback, das ist Verbandsarbeit aktuell und freut natürlich die Präsidentin.

In diesem Jahr stehen Wahlen im DEHOGA Thüringen an – wird sich etwas ändern?

In diesem Jahr haben wir ein Wahljahr im DEHOGA Thüringen, wo zum einen in den Kreisen, den Fachgruppen und dann im Herbst auf der Delegiertenversammlung, ein neues Präsidium gewählt wird.

Jeder der ehrenamtlich tätig ist, muss wissen, auf was er sich einlässt. Wenn er ein Amt inne hat muss es auch ausgefüllt werden, sonst macht es aus meinem Selbstverständnis jedenfalls wenig Sinn. Ich habe seit dem Jahr 2001 das Amt der Präsidentin inne und es war eine spannende und vor allem erlebnisreiche Zeit, welche von sehr vielen Herausforderungen geprägt war, aber auch unheimlich viel Spaß gemacht hat. Und, ja auch ich als Präsidentin habe sehr viel gelernt. Ich habe immer kritisiert, wenn jemand nicht loslassen kann und werde genau deshalb loslassen.

Ehrenamt, und dies ist mir sehr bewusst, ist ein Amt auf Zeit. Ich werde nicht wieder für das Präsidium kandidieren, weil ich gern möchte dass auch die jüngeren Kollegen, sich engagieren und damit der Staffelstab weitergegeben wird.

Neue Kollegen haben neue Ideen und gehen auch mal andere Wege als wir und das ist gut so. Unsere Branche ist vielfältig und dies muss auch im Ehrenamt entsprechend repräsentiert werden.

Worin sehen Sie die Herausforderungen für das Jahr 2017?

Ich kann Ihnen sagen, dass es wenige Unternehmerverbände überhaupt und in unserer Branche nur uns gibt, die über einen solchen Zusammenschluss von Unternehmungen mit diesem Dienstleistungsangebot verfügen.

Ob Bildung, mit unserem DEHOGA Thüringen Kompetenzzentrum, von der Berufsschule, der Hotelfachschule sowie unseren Weiterbildungsbereich, Beratung, über unsere Betriebsberatung, Serviceleistungen, über unsere HOGA Gastgewerbe Service Gesellschaft, für alle Herausforderungen bieten wir Lösungen.

Unser Ziel, welches wir ausgegeben haben, ist es als Verband ein Rund-um-Sorglos Paket anzubieten, Hier darf ich Ihnen sagen, sind wir sehr gut aufgestellt. Leider werden eben, so ist das Leben, die Leistungen zu spät oder gar nicht in Anspruch genommen. Also haben wir noch Herausforderungen bezüglich in unserer Kommunikation, an denen wir zu arbeiten haben.

Wir haben mit unseren im Jahr 2016 begonnen Projekten Grundsteine gelegt, in Sachen Weiterbildung, Gewinnung und Betreuung von Auszubildenden, unser Konzept der  Landesberufsschule für das Gastgewerbe sowie den weiteren Ausbau unserer Dienstleistungen und Rahmenverträge, die es weiterzuentwickeln gilt.

Daran werden wir intensiv arbeiten und zwar das Haupt- und das Ehrenamt. Insbesondere möchte ich mich an dieser Stelle bei allen unseren Mitarbeitern in unserem DEHOGA Thüringen KOMPETENZZENTRUM für die tägliche und vor allem qualitativ hochwertige Arbeit und das Engagement bedanken.