PM 08/2023

Existenzangst – Thüringens Gastronomiedichte sinkt dramatisch

Erfurt, 13. September 2023 / Das Gastgewerbe im Freistaat fordert von allen Thüringer Landtagsabgeordneten ein Bekenntnis für die dauerhafte Beibehaltung der ermäßigten Mehrwertsteuer auf Speisen.

Vor der Debatte im Thüringer Landtag, welche diesen Freitag auf der Tagesordnung steht, hat der DEHOGA Thüringen e.V. alle Thüringer Landtagsabgeordneten um Unterstützung und vor allem klare Zustimmung zur Positionierung eines entsprechenden Antrages im Landtag aufgefordert.

„Diese Positionierung“, so Mark A. Kühnelt, Präsident DEHOGA Thüringen e.V., „ist deshalb so wichtig, weil damit die Landesregierung aufgefordert wird, einen entsprechenden Antrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern im Bundesrat zu unterstützen. Die Länder müssen diese Forderung gegenüber dem Bund klar artikulieren – die Bundesregierung muss aufgefordert werden, eine Entfristung endlich umzusetzen und nicht erst eine Entscheidung in Aussicht zu stellen, wenn die Steuerschätzung im November vorliegt.“

Die Corona-Krise und die gegenwärtige Energiekrise, verbunden mit der hohen Kostenbelastung haben das Gastgewerbe im Freistaat Thüringen sehr stark in Mitleidenschaft gezogen. So berichtete jüngst das Thüringer Landesamt für Statistik (PM: 189/2023 vom 06.09.2023): „Thüringer Gastgewerbe im 1. Halbjahr 2023 - Vor-Corona-Niveau noch nicht wieder erreicht.“

Dirk Ellinger, Hauptgeschäftsführer DEHOGA Thüringen e.V., führt dazu aus: „Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum haben wir im Thüringer Gastgewerbe real (preisbereinigt) 1,4 Prozent weniger umgesetzt als im gleichen Vorjahreszeitraum. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 sind es real 24,6 Prozent weniger. Gleichsam sind die Preise, insbesondere für Energie, Lebensmittel und die Personalkosten extrem stark angestiegen.

Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen im Restaurant war zwar eine Maßnahme zur Dämpfung der Corona-Folgekosten, aber sie hat auch nur den Normalfall hergestellt der in fast allen europäischen Ländern gilt, dass nämlich die Lebensmittel unabhängig vom Ort des Verzehrs oder der Zubereitung, gleich besteuert werden. Es war schon vorher nicht vermittelbar und auch steuersystematisch seltsam, das aus sieben Prozent Mehrwertsteuer beim Einkauf im Restaurant dann plötzlich 19 Prozent im Verkauf wurden.“

In der Thüringer Gastronomie sank der Umsatz im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zu 2022 real um 3,3 Prozent.

In der Thüringer Gastronomie ist die Zahl der Betriebe von 4.489 im Jahr 2009 auf 3.023 im Jahr 2021, also um 32,66 Prozent gesunken. Das heißt fast jedes dritte Restaurant, Kneipe oder Gaststätte ist für immer vom Markt verschwunden und damit stirbt auch ein Stück Lebensqualität.

Restaurants, Dorfkneipen und Cafés sind wichtige Treffpunkte für Jung und Alt, Orte des Zusammenkommens, der Kommunikation und für den sozialen Zusammenhalt heute wichtiger denn je. Es sind die öffentlichen Wohnzimmer der Gesellschaft, sie stehen für gemeinsamen Genuss, Esskultur, Lebensqualität, regionale Identität und Heimat.

Auch mit Blick auf diese hohe Relevanz der Gastronomie ist es geboten, dass sie steuerpolitisch sachgerecht behandelt und gegenüber anderen Anbietern von Essen nicht benachteiligt wird.

Seit 01.07.2020 gilt der einheitliche reduzierte Mehrwertsteuersatz für Essen, egal wo und wie zubereitet und konsumiert. Seit Jahrzehnten hat sich der DEHOGA dafür stark gemacht. Wenn die Steuer wieder auf 19 Prozent steigt, würden für das Essen zum Mitnehmen, den Fertigsalat oder die Tütensuppe aus dem Supermarkt und die Essenslieferung weiterhin
7 Prozent gelten.

Die Gastronomiedichte im Freistaat Thüringen ist eine der niedrigsten in Deutschland. Im Jahr 2009 lag die Zahl der Gastronomiebetriebe pro 100.000 Einwohner bei 177. Aktuell (2021) liegt sie bei 143.

Im Vergleich liegt die Zahl der Gastronomiebetriebe auf 100.000 Einwohner in Deutschland bei 179. Nur in Sachsen und Sachsen-Anhalt (142) und Brandenburg (139) ist sie noch niedriger als im Freistaat.

„Grundsätzlich ist die Gastronomiedichte im Freistaat sehr unterschiedlich ausgeprägt, in den urbanen Regionen gut, in der Fläche sehr dünn. Leider nehmen dabei die weißen Flecke weiter zu. Wenn wir nunmehr, aufgrund der aktuellen Umsatzentwicklung, unserer aktuellen Umfragen und der Situation der Betriebe, wo die Mehrheit in Thüringen kleine Familienbetriebe sind, konstatieren müssen, dass weitere fünf bis zehn Prozent schließen müssen, allein aufgrund der Situation, dass sie ihre Preise auf Speisen eben nicht im dringend erforderlichen Rahmen erhöhen können, weil die Verbraucher dies nicht mittragen, die im Übrigen auch unter den gestiegenen Lebenshaltungskosten ihr Konsumverhalten anpassen, dann wären die Folgen fatal.“, so Kühnelt.

Betriebsaufgaben und Insolvenzen sind damit leider vorprogrammiert – und dann zieht auch der Staat den Kürzeren.

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Gastronomiedichte in Thüringen