PM 01/2016

Bürokratiefrust und Forderung nach flexiblerer Arbeitszeitregelung im Gastgewerbe

Erfurt, 25.01.2016 / Der Mindestlohn kommt das Gastgewerbe teuer zu stehen – das ist die zentrale Botschaft der qualifizierten Branchenumfrage mit bundesweit knapp 5.000 teilnehmenden Betrieben. In Thüringen verzeichnen  seit 1. Januar 2015 knapp 85 Prozent der befragten Unternehmer im Gastgewerbe, Personalkostensteigerungen. Hinzu kommen für eine breite Mehrheit (89,9 Prozent) gestiegene Kosten für Lieferanten und Dienstleister. Gleichzeitig beklagen 64,2 Prozent der Befragten sinkende Erträge. Bei Investitionen, die so dringend erforderlich sind, haben mit 58,4 Prozent fast 6 von 10 Unternehmern weitere Rückgänge vermelden müssen.

 

„Wie im Bund, so auch in Thüringen, ist das Gastgewerbe vom Mindestlohn massiv betroffen. Die Umfrage zeigt sehr deutlich, dass wir gerade bei den Erträgen wieder Einbußen haben hinnehmen müssen, da die Kosten eben nicht allein über den Preis an den Gast weitergegeben werden konnten. Die Gewinne in unserer Branche sind wiederum  sehr niedrig und reichen oftmals nicht aus, die Existenzen zu sichern, geschweige denn zu investieren. So zeigt es sich leider abermals, dass Investitionen eben nicht getätigt werden können, gleichwohl sie dringend erforderlich wären.“, so Gudrun Münnich, Präsidentin des DEHOGA Thüringen.

Mit fast 70 Prozent (69,2 %) haben mehr als zwei Drittel der gastronomischen Unternehmer im Freistaat die Preise im letzten Jahr erhöht und 43,3 Prozent der Kollegen haben ihre Öffnungszeiten eingeschränkt, dabei führten auch 13,5 Prozent wieder einen Ruhetag ein.

„Natürlich“, so Dirk Ellinger, Hauptgeschäftsführer des DEHOGA Thüringen, „kann man immer die Verschlechterung der Dienstleistungsmentalität, die nämlich in der Einschränkung von Öffnungszeiten oder Ruhetagen liegt, kritisieren, jedoch brauchen wir dringend Lösungen, die beispielsweise in der Flexibilisierung der Arbeitszeit liegen können und nicht Bürokratie, die weiter einschränkt.“

„Wenn 57,5 Prozent der befragten Unternehmer im Gastgewerbe angeben, dass sie die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes, welches im Regelfall maximal 8 Stunden, in Ausnahmefall 10 Stunden Arbeitszeit zulässt, einhalten können, dann ist dies nicht Ausdruck dessen, dass die Kollegen ihren Betrieb nicht führen können, sondern das sich endlich etwas ändern muss. Wenn immer wieder das Thema Wirtschaft 4.0 seitens der Politik gefordert wird, so kann nicht an einer Arbeitszeitregelung, die aus dem Jahr 1994 stammt, festgehalten oder gar ausgeführt werden, dass sie sich bewährt hätte.“, so Münnich weiter.

Mit einem Rekordwert von 87 Prozent (Deutschland: 87,7 Prozent)  innerhalb der Umfrage unterstützen die Betriebe den DEHOGA-Vorschlag, von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umzustellen, so wie es die europäische Arbeitszeitrichtlinie vorsieht. Dabei geht es nicht um eine Verlängerung der Gesamtarbeitszeit, sondern lediglich um mehr Flexibilität.

Dazu führt Dirk Ellinger aus: „ Die maximale zulässige Arbeitszeit von 10 Stunden täglich reicht eben nicht aus, um das diskontinuierliche Geschäft, insbesondere an Wochenenden und Feiertagen zu bewältigen. Gerade bei Veranstaltungen und Feiern ist es eben lebensfremd am Abend noch für 2 oder 3 Stunden eine zweite Schicht oder eine Aushilfe einzusetzen, da diese schlicht und ergreifend nicht verfügbar sind und wohl auch zu dieser Zeit kaum arbeiten wollen.“

Es besteht dringender Handlungsbedarf nach einer Änderung im Arbeitszeitrecht, darin sind sich die Unternehmer im Gastgewerbe einig. Ein aktuelles Rechtsgutachten bestätigt, dass das bestehende Arbeitszeitgesetz keine Antworten auf die typischen Sachverhalte in Hotellerie und Gastronomie bietet.

Im Fokus der Kritik steht für viele Betriebe laut Umfrage derweil die Arbeitszeitdokumentation.

Fast die Hälfte (41,7 Prozent) der befragten Thüringer Unternehmer im Gastgewerbe bezeichnet die neugeschaffene Mindestlohn-Bürokratie als „schlimmer als erwartet“.

An der DEHOGA-Umfrage haben sich online 4.958 Betriebe (West 4273 // Ost ohne Berlin 685) zwischen dem 18. Dezember 2015 und dem 21. Januar 2016 beteiligt. Unter den Antwortenden gehören 61,2 Prozent zum Gaststätten- und 38,8 Prozent zum Beherbergungsgewerbe. Auffällig sind rund 1.000 Einzelanmerkungen der Betriebe, die meisten üben Kritik an der Dokumentationspflicht und am Arbeitszeitgesetz.