PM 08/2016

Unterschiedliche Entwicklung im Thüringer Gastgewerbe – Gibt erste Anzeichen von Hoffnung?

Der Umsatz hat sich positiv entwickelt, jedoch sinkt die Zahl der Betriebe weiter, wenn auch langsamer.

Erfurt, 26.04.2016 / Die Zahlen der aktuellen Umsatzsteuerstatistik (2014) liegen nunmehr für den Freistaat Thüringen vor und wurden vom DEHOGA Thüringen ausgewertet. Aus der Umsatzsteuerstatistik 2013 war zu resümieren, dass der Freistaat Thüringen bei der absoluten Anzahl der Betriebe im Gastgewerbe an fünftletzter Stelle in Deutschland lag (vor:  Sachsen-Anhalt, Hamburg, Saarland, Bremen).

Als dramatisch musste konstatiert werden, dass der durchschnittliche Umsatz im Gastgewerbe in Höhe von 182.418 € pro Betrieb das Schlusslicht in Deutschland bildete. In den Einzelsegmenten Beherbergung und Gastronomie, stand Thüringen im Bundesvergleich ebenso auf dem letzten Rang (Gastronomie: 164.090 €; Hotellerie: 243.802 €).

„Betriebswirtschaftlich ist der durchschnittlich erzielte Umsatz pro Betriebsstätte im Gastgewerbe nicht im Ansatz auskömmlich. Es ist kaum möglich Verbindlichkeiten zu bedienen, zu investieren und einen angemessenen Gewinn, welcher für den Unternehmer zum Leben, für die Krankenversicherung und die Altersvorsorge benötigt wird, zu erwirtschaften. Dass in dieser Situation die Suche nach Nachfolgern sehr schwierig ist, erschließt sich von selbst.“,  so Dirk Ellinger, Hauptgeschäftsführer DEHOGA Thüringen.

Die Präsidentin des DEHOGA Thüringen, Gudrun Münnich, selbst Betreiberin eines Landgasthofes mit Hotel, führt zu den aktuellen Zahlen der Umsatzentwicklung im Thüringer Gastgewerbe 2015/2016 aus:

„Im Jahr 2015 war der Umsatz des Thüringer Gastgewerbe bei 96,4 Prozent des Umsatzes von 2010, mithin bedeutet dies, dass der Umsatz aktuell geringer ist als im Jahr 2010, aber die Kosten sind im gleichen Zeitraum um mehr als 20 Prozent gestiegen. Wir hoffen dennoch auf positive Entwicklung. Leider lag der Umsatz in den ersten beiden Monaten dieses Jahres bei nur 83 Prozent  des Jahres 2010. Die Ursache liegt in erster Linie in der Wintersaison ohne Schnee. Auch die Absage des Biathlon Weltcups hat ihren Anteil, was uns die Wintersaison schon gehörig verdorben hat. Insgesamt war im Jahr 2015, entgegen den Vorjahren, bei der Umsatzentwicklung ein leicht positiverer Trend der Gastronomie gegenüber der Hotellerie zu beobachten.“

Der Durchschnittsumsatz pro Betriebsstätte im Thüringer Gastgewerbe  ist im Jahr 2014 um 5,3 Prozent auf 195.263 € gestiegen (Beherbergung: 7,4  Prozent auf 267.784 € und Gastronomie 4,4 Prozent auf 173.786 €).

„Dies ist zwar immer noch nicht der notwendige und dringend erforderliche  Anstieg“, so Gudrun Münnich weiter, „aber vielleicht als erster Schritt in die richtige Richtung zu sehen. Gleichwohl sich der Umsatz im Jahr 2014 insgesamt positiv entwickelt hat, ist das noch lange kein Anzeichen, dass auch der Mindestlohn, welcher ab dem 01.01.2015 in Kraft trat, sich nicht negativ ausgewirkt hat. Das Gegenteil wird eher der Fall sein.  Die aktuellen Zahlen, insbesondere im Vergleich zu 2010 lassen vermuten, dass es aufgrund des Mindestlohnes und sicherlich auch anderer Faktoren, auch im Jahr 2015 leider eine weitere negative Entwicklung bei der Anzahl der Betriebe gegeben hat.“

Die Zahl der Betriebsstätten ist auch im Jahr 2014 weiter gesunken, wenn auch nicht mehr so stark wie in den Vorjahren. Insgesamt gab es in Thüringen im Jahr 2014  5.147 Betriebe des Gastgewerbes (Beherbergung: 1.176; Gastronomie: 3.71), Insgesamt sind dies 85 Betriebe weniger als  im Vorjahr (Beherbergung: -27; Gastronomie -58).

Im Jahr 2013 (zu 2012)  war da noch ein Negativsaldo von 136 Betrieben (Beherbergung: -18; Gastronomie: -118) zu verzeichnen.

Als dramatisch muss jedoch die Anzahl der Betriebe in den Umsatzklassen, insbesondere in den unteren, gesehen werden.  Das Gastgewerbe in Thüringen ist weiterhin überwiegend Kleinteilig geprägt.

Demnach haben 28,3 Prozent der Betriebe einen Umsatz von weniger als 50 T€ (Durchschnitt: 32.790 €) und 27,38 Prozent einen Umsatz von mehr als 50 T€ aber weniger als 100 T€ (Durchschnitt: 72.046 €).

Dazu führt Dirk Ellinger aus: „Bei einer durchschnittlichen Rentabilität (umsatzbezogen) in Höhe von 5 bis 8 Prozent, reicht der Gewinn nicht einmal aus um den Lebensunterhalt für den Unternehmer, geschweige denn seine Altersvorsorge sicherzustellen. Wir reden hierbei immerhin über insgesamt 55 Prozent der gastgewerblichen Betriebe und damit mehr als jedem zweiten Betrieb im Freistaat, in denen die Ertragskraft augenscheinlich viel zu gering ist. Wenn ich da manchmal aus Politik und Gewerkschaft vernehmen muss, wie über höhere Entgelte, Mindestlohn und Auflagen sowie weitere Bürokratie gesprochen wird, dann ist das schon unverständlich und belastete gerade diese kleinen Unternehmungen überproportional.“

Auch im mittleren Segment der Größenklasse, 100 T€ bis 250 T€, wo wiederum 27,5 Prozent der gastgewerblichen Betrieb im Freistaat einzuordnen sind, wird ein durchschnittlicher Umsatz in Höhe von 157 T€ erwirtschaftet. Bei einer umsatzbezogenen Rentabilität in Höhe von 8 Prozent sind dies 12.560 €. Der Mindestlohn für einen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer beträgt 17.646 €.  Mithin ist also der Gewinn der Mehrzahl der Thüringer gastgewerblichen Unternehmer, teilweise erheblich, unter dem schon heute geltenden gesetzlichen Mindestlohn.

Damit erwirtschaften im Thüringer Gastgewerbe 82,9 Prozent (4.265) der Betriebe  einen  Umsatz von weniger als 250 T€.

Das Thüringer Gastgewerbe erwirtschaftete im Jahr 2014 einen Umsatz in Höhe von 1,002 Mrd. €.  Allein mehr als ein Drittel (36,6 Prozent) dieses Umsatzes entfällt auf  6,9 Prozent der Betriebe (354) mit einem Umsatz von mehr als 500 T€. Das heißt im Umkehrschluss, dass 9 von 10 Betrieben weniger als 500 T€ Umsatz erwirtschaftet haben.

Damit ist das Gastgewerbe im Freistaat Mittelstand pur und eben geprägt von kleinen Familienbetrieben.

„Wenn dabei immer mehr Bürokratie, wie beispielsweise die Dokumentation der Arbeitszeit, die umfangreichen Aufzeichnungspflichten, die Kennzeichnung von Allergenen Stoffen u.v.m. auf den Unternehmer zukommt, hat dieser immer weniger Zeit für seine Hauptaufgaben. Das Bewirten der Gäste und die Dienstleistung wird dann keineswegs besser.“, so die Präsidentin Gudrun Münnich.