PM 12/2016

Branchenbericht Gastgewerbe im Freistaat Thüringen – Frühjahr 2016

Mit der Auswertung Winter 2015/16 – Ausblick Sommer 2016 stellt der DEHOGA Thüringen e.V. seine Konjunkturbeobachtung des gastgewerblichen Marktes in Thüringen, getrennt nach Hotellerie und Gastronomie vor.

Erfurt, 07.06.2016 / „Bürokratieabbau, Flexibilität, weniger Reglementierung, Steuergerechtigkeit und Fairplay im digitalen Zeitalter“, so bringt es der Präsident  des DEHOGA Bundesverbandes, Ernst Fischer, auf  den Punkt.

„Wir brauchen mehr Anerkennung und Wertschätzung für unsere Branche insgesamt und für die Mitarbeiter, aber auch für die Unternehmer. Gerade für Thüringen gilt dies bei dieser kleinteiligen Struktur umso mehr. Die aktuelle Konjunkturbeobachtung zeigt, dass es auch im Thüringer Gastgewerbe nach Jahren der Stagnation endlich wieder positives zu vermelden gibt, dies jedoch nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass wir vor sehr vielen Herausforderungen stehen, die es zu meistern gilt.“, so Gudrun Münnich Präsidentin des DEHOGA Thüringen.

Das Gastgewerbe in Thüringen ist weiterhin überwiegend kleinteilig geprägt. Von den am 31.12.2014 im Thüringer Gastgewerbe tätigen 5.147 Betrieben haben 28,3 Prozent einen Umsatz von weniger als 50 T€ (Durchschnitt: 32.790 €) und 27,38 Prozent einen Umsatz von mehr als 50 T€ aber weniger als 100 T€ (Durchschnitt: 72.046 €).

Insgesamt sind damit 55 Prozent der Betriebe im Thüringer Gastgewerbe und damit mehr als jeder zweite Betrieb im Freistaat, mit einer viel zu geringen Ertragskraft zu charakterisieren.

Münnich weiter: „Gastgewerbe ist Familienbetrieb pur und wenn die Familie nicht mehr mitzieht, weil kein Sinn mehr darin gesehen wird, jeden Tag Dienstleistungen dann zu erbringen, wenn unsere Gäste diese wünschen, die Engpässe wegen fehlenden Personal oder fesselnder Vorschriften bei dem Arbeitszeitgesetz auszugleichen, die Bürokratie dann zu erledigen, wenn meist schon die zweite Schicht geleistet ist und dann für ein Einkommen zu arbeiten, was weder die aktuellen Verpflichtungen deckt, noch eine Altersvorsorge im Ansatz sichern kann, dann hat auch Spaß am Beruf und Enthusiasmus irgendwann die Grenze erreicht.“

„Wenn der Thüringer  Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee in der vorigen Woche im MDR Interview ausführt, dass: „Gastronomen sollen gut bezahlen.“ und weiter „..wenn Fachkräfte gut bezahlt würden, könnten sie in Thüringen gehalten werden. Das sichere Qualität im Hotel- und Gastgewerbe und ziehe neue Kunden an.“, so hat er ja im Kern nicht unrecht, jedoch sieht eben die Wirklichkeit ein kleinwenig anders aus.“ so Münnich weiter.

Der Hauptgeschäftsführer Dirk Ellinger führt aus:  „Die Erwartungen der Thüringer Unternehmer im Gastgewerbe für die bevorstehende Sommersaison sind überwiegend positiv geprägt und können damit als optimistisch eingeschätzt werden. Dies ist vor allem auf die Hoffnung von Umsätzen während der Fußballeuropameisterschaft sowie in den Biergärten geprägt. Auch die Gesamtkonsumsituation in Deutschland, mit geringer Arbeitslosigkeit und steigenden Einkommen sowie der Trend nach Urlaub im eigenen Land, wecken Hoffnungen im Gastgewerbe insgesamt, eine positive Entwicklung zu nehmen.“

Die Gastronomie im  Freistaat

Mit insgesamt  gut beurteilen in der Konjunkturumfrage zur abgelaufenen Wintersaison mehr als ein Drittel der befragten Unternehmer (37,5 Prozent). Im Gegensatz dazu gaben 16,7 Prozent der gastronomischen Unternehmer im Freistaat an, eine schlechte Saison gehabt zu haben. Fast die Hälfte (45,8 Prozent) der Gastronomen berichten von einer befriedigten Wintersaison.

Der Saldo zwischen positiver und negativer Einschätzung bei den Thüringer Gastronomen liegt bei + 20,8 Prozentpunkten. Dies stellt im Vergleich vor einem Jahr, eine Verbesserung von 9,6 Prozentpunkten dar.

Die Thüringer Entwicklung in der Gastronomie ist im Vergleich zur Wintersaison vor einem Jahr insgesamt mit besser zu bezeichnen.

Vor einem Jahr berichteten 31,3 Prozent der Gastronomen von einer positiven und jeder Fünfte (20,1 Prozent) von einer negativen Wintersaison.

Die Erwartungen der Thüringer Gastronomen für die bevorstehende Sommersaison sind im Vergleich der Vorjahre als sehr positiv zu bezeichnen und von Optimismus getragen.

Mehr als die Hälfte (54,4 Prozent) der Thüringer Gastronomen geht von einer guten und nur 4,4 Prozent von einer schlechten Saison aus. Damit scheint sich die negative Einschätzung der vergangenen Saison, jedenfalls bezüglich der Erwartungen nicht weiter negativ auszuwirken.

Der Saldo zwischen positiver und negativer Einschätzung bei den Thüringer Gastronomen bezüglich der vor uns liegenden Sommersaison liegt bei + 50,0 Prozentpunkten. Verglichen mit der zurückliegenden Wintersaison, wo der Saldo bei + 20,8 Prozentpunkten lag, ist dies eine Steigerung um 29,2 Prozentpunkte.

Die Hotellerie im Freistaat

Das Thüringer Beherbergungsgewerbe erzielte im Jahr 2015 eine reale Umsatzsteigerung von 3,3 Prozent (nominal: + 5,5 Prozent). Insbesondere die Hotellerie (Hotels, Gasthöfe, Pensionen) konnte mit real + 3,5 Prozent und nominal + 5,7 Prozent einen Umsatzzuwachs erreichen.

Damit liegt das Thüringer Beherbergungsgewerbe bei den Zuwachsraten deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Dies schlägt sich jedoch nicht in einer durchweg positiven Bewertung der Unternehmer im Beherbergungsgewerbe nieder, weil die Unterschiede zum einen regional und zum anderen größenabhängig, sehr groß sind.

Insgesamt bewerten ein Drittel (34,7 Prozent) der Thüringer Unternehmer in der Hotellerie die vergangene Saison mit gut. Vier von zehn Unternehmern sprachen von einer befriedigenden Saison und jeder Vierte (24,5 Prozent)  immerhin von einer schlechten Wintersaison.

Insgesamt ist die Einschätzung der Wintersaison durch die  Unternehmer im Thüringer Beherbergungsgewerbe schlechter als die der Gastronomen, da diese nur 16,7 Prozent die Wintersaison mit schlecht charakterisieren.

Die Einschätzung der Wintersaison durch die Thüringer Hoteliers liegt insgesamt auch unter dem Bundestrend, dort sprachen 43,3 Prozent der Unternehmer von einer guten und nur 17,9 Prozent von einer schlechten Wintersaison.

Die Erwartungen der Thüringer Hoteliers für die bevorstehende Sommersaison sind im Vergleich der Vorjahre als positiv zu bezeichnen.

Im Deutschlandvergleich der Erwartung der Hoteliers, liegen die Thüringer leicht positiver.  Dies ist sicherlich auch ein Ergebnis der Umsatzentwicklung  und der Ankunfts- und Übernachtungszahlen. 

Die Mehrzahl der Hoteliers in Deutschland (59,1 Prozent) geht von einer positiven und nur 5,4 Prozent von einer negativen Entwicklung in der Sommersaison aus.

Fast 6 von 10 Unternehmern im Thüringer Beherbergungsgewerbe (58,0 Prozent) gehen von einer guten und nur 2,0 Prozent von einer schlechten Saison aus.

Im Vergleich zur vorangegangenen Wintersaison ist dies eine sehr optimistische Einschätzung, da diese von 24,5 Prozent der Hoteliers noch als schlecht eingeschätzt wurde.

Der Saldo zwischen positiver und negativer Einschätzung bei den Thüringer Hoteliers bezüglich der vor uns liegenden Sommersaison liegt damit bei + 56,0 Prozentpunkten und stellt eine außergewöhnliche Steigerung dar. Der Erwartungssaldo aller Hoteliers in Deutschland liegt bei 53,7 Prozentpunkten und damit 2,3 Prozentpunkte unter dem Thüringer Saldo.

Verglichen mit den Erwartungen der Thüringer Hoteliers noch vor einem Jahr an die Sommersaison 2015, wo der Saldo bei + 0,8 Prozentpunkten lag, ist dies eine Steigerung von fast 55 Prozentpunkten.

 

Forderungen zur Zukunftssicherung der Branche

Mindestlohn:

Zum 1.1.2017 wird der Mindestlohn erstmals angepasst. Der Mindestlohn wird von uns nach wie vor als Eingriff in die unternehmerische Selbstbestimmung gesehen. Insofern fordern wir bei der Neufestsetzung Augenmaß, weil ein Mindestlohn, und dies hat seine Einführung gezeigt, zu exorbitanten Personalkostensteigerungen und Verwerfungen innerhalb des Tarifsystems geführt hat.

Im Fokus der Kritik steht jedoch weniger die Lohnhöhe als vielmehr die Mindestlohn-Bürokratie in Form der Arbeitszeitdokumentation.

Arbeitszeitgesetz:

Im Zusammenhang mit der Arbeitszeitdokumentation erweist sich die Höchstarbeitszeit von zehn Stunden als Kernproblem. Der DEHOGA schlägt deshalb vor, das Arbeitszeitgesetz von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umzustellen, so wie es die EU-Arbeitszeitrichtlinie vorsieht.

Mehrwertsteuer:

Für die Wettbewerbsfähigkeit der Restaurants ist die steuerliche Gleichbehandlung elementar wichtig. Vor allem, weil die klassische Gastronomie gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel und dem Lebensmittelhandwerk arbeitsintensiv ist.

Hygiene-Pranger:

Die Veröffentlichung von Ergebnissen der Lebensmittelkontrolle stellt unsere Branche unter Generalverdacht. Damit ist diese ein unverhältnismäßiger Eingriff in die unternehmerische Freiheit und damit in die Grundrechte nach Artikel 12 und 14. 

Allergenkennzeichnung:

Seit Dezember 2014 müssen Gastwirte ihre Gäste aufgrund einer europäischen Verordnung über Allergene in ihren Speisen und Getränken informieren. Viel Bürokratie – wenig Nutzen, so das Fazit einer aktuellen DEHOGA-Umfrage: 64,8 Prozent der Befragten sehen den zeitlichen Aufwand als größte Schwierigkeit an, 54,5 Prozent kritisieren den organisatorischen Aufwand. Im krassen Widerspruch dazu steht dagegen der Bedarf: 89,1 Prozent der befragten Betriebe geben an, dass seit Dezember 2014 kein einziger Gast jemals die Informationen in Anspruch genommen hat.

Bettensteuer:

Bettensteuern, Kulturförderabgaben, oder wie diese Abgaben auch immer benannt werden und leider im Freistaat Thüringen mehrere Städte dies erheben, sind eine einseitige Belastung des Beherbergungsgewerbes. Wir sind gegen alle Satzungen in Thüringen in der rechtlichen Überprüfung und lehnen diese Art der Haushaltssanierung zu Lasten unserer Gäste und unserer Branche ab.

Digitalisierung:

Gerade mit Blick auf die Herausforderungen der Digitalisierung fordern wir Wettbewerbsgleichheit. Es kann nicht sein, dass Sharing-Economy-Angebote wie „Airbnb“ oder „Eat with“, globale Buchungsportale oder die Vielzahl an Lieferdiensten, im rechtsfreien Raum agieren und gegenüber dem klassischen Gewerbe weder baurechtlich, brandschutzrechtlich, steuerrechtlich noch lebensmittelrechtlich wie das Gastgewerbe behandelt werden und damit eine Wettbewerbsverzerrung zu Ungunsten des Gastgewerbes stattfindet, welchen in der vergangenen Woche von der Europäische Kommission als „Plattformökonomie“ bezeichnet wird und diesen Internetunternehmen „ein hohes Potenzial zur Schaffung von Arbeitsplätzen zuerkennt und deren zweifelsohne disruptive Wettbewerbswirkung per se als positiv befürwortet.“

Die Europäische Kommission sollte sich besser darauf konzentrieren, allen Marktteilnehmern gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten und schon gar nicht den Verbraucherschutz, jedenfalls diesbezüglich aufweichen.

WLAN- Störerhaftung

Der Wirtschaftsausschuss hat heute mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen noch zwei Änderungsanträge zum Entwurf des novellierten angenommen.

Der neue Gesetzesentwurf des Telemediengesetzes (TMG), nach denen das Haftungsprivileg der großen Telekommunikationsunternehmen auch für Betreiber offener WLAN-Hotspots in Hotels, Restaurants oder Cafés gelten soll, ist zwar im Grundsatz zu begrüßen, schützt die Unternehmen nicht vor Unterlassungsansprüchen. 

Die Gesetzesänderung stellt die WLAN-Anbieter zwar von Schadenersatzansprüchen frei, doch werden weiterhin Abmahnungen wegen der Unterlassungsansprüche mit entsprechenden Kosten möglich sein. Hier muss der Gesetzgeber dringend nachbessern.

 

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